Wohlverhaltensgebot – was ist das?

Unabhängig davon, ob für ein Kind die gemeinsame Obsorge beider Eltern oder die alleinige Obsorge eines Elternteils besteht, haben sich die Eltern untereinander an das sogenannte Wohlverhaltensgebot zu halten. Das bedeutet, dass beide Eltern nichts tun dürfen, was das Verhältnis des Kindes zum anderen Elternteil beeinträchtigt oder erschwert.

Wie hält man sich an das Wohlverhaltensgebot?

Dem Wohlverhaltensgebot widerspricht es beispielsweise, wenn der alleine obsorgeberechtigte Elternteil dem anderen Elternteil grundlos (und entgegen einer entsprechenden gerichtlichen oder einvernehmlichen Regelung) das Kontaktrecht unmöglich macht oder erschwert. Darunter zählt nicht nur, das Kontaktrecht vollständig zu unterbinden, sondern auch sich dem Kind gegenüber herabwürdigend oder beleidigend über den anderen Elternteil zu äußern oder das Kind gegen diesen „aufzuhetzen“.

Nach neuerer Rechtsprechung ist nicht nur die aktive Hintertreibung der Kontaktaufnahme unzulässig, sondern hat der andere Elternteil laut OGH sogar eine gewisse Pflicht, den Kontakt mit dem anderen Elternteil zu fördern. Beide Eltern habe aktiv dazu beizutragen, dass Liebe und Zuneigung des Kindes zu beiden Elternteilen gefördert wird.

Es ist beispielsweise grundsätzlich unzulässig, ins Ausland zu übersiedeln, um das bestehende Kontaktrecht des anderen Elternteils zu untergraben.

Welche Konsequenzen kann es geben?

Gerichte können gegebenenfalls das Kontaktrecht einschränken oder, in schweren Fällen, die Obsorge dem gegen das Wohlverhaltensgebot verstoßenden Elternteil entziehen. Daneben können dem Elternteil konkrete Aufträge oder Auflagen erteilt werden. Sogar Unterlassungsansprüche sind denkbar. Auf ein Verschulden des sich nicht an das Wohlverhaltensgebot haltenden Elternteils kommt es nicht an, es reicht die objektive Gefährdung des Kindeswohls (z.b. dadurch, dass kein Kontakt zum anderen Elternteil möglich ist).

Eine schuldhafte Verletzung des Wohlverhaltensgebotes kann sogar zu Schadenersatzansprüchen führen. Der Ersatz der Kosten des Kontaktrechtsverfahrens aber auch Schmerzengeld wegen psychischen Beeinträchtigung mit Krankheitswert aufgrund der Versagung des Kontakts zum Kind sind im Einzelfall denkbar.

Nebenbei bemerkt stellt es auch ein Recht des Kindes dar, zu beiden Elternteilen Kontakt zu haben. Die grundlose, beharrliche Ablehnung des Kontakts zum Kind durch einen Elternteil kann daher unter Umständen auch zu Schadenersatzansprüchen führen.

Die Behinderung des Kontaktrechts kann als Verstoß gegen die Pflicht zur Respektierung der beiderseitigen Rechte den Kindern gegenüber eine schwere Eheverfehlung darstellen.

Außerdem kann die beharrliche, grundlose und sohin böswillige Verhinderung des Kontaktrechts zum anderen Elternteil zur Verwirkung des eigenen (auch nachehelichen) Unterhaltsanspruches führen.

Zusammenfassung:

Die Eltern sind nicht nur verpflichtet, das Kind bestmöglich zu versorgen, sondern sind dabei auch verpflichtet, unabhängig von der Beziehung untereinander in einem gewissen Maß zusammenzuarbeiten. Es ist bei sonst drohenden Konsequenzen der normale Kontakt des Kindes zu beiden Elternteilen nicht nur zu ermöglichen sondern auch zu fördern.

 

Für Rückfragen: Mag. Raphael Janisch 

Alle Angaben auf dieser Website dienen nur der Erstinformation und ersetzen keine fundierte Rechtsberatung. Für die Richtigkeit wird insbesondere aufgrund möglicher Judikatur- oder Gesetzesänderungen keine Haftung übernommen. Personenbezeichnungen sind geschlechtsneutral für männliche und weibliche Beteiligte zu sehen.