Mit dem 2. ErwSchG, der großen Reform des Sachwalterrechts, wurde die Sachwalterschaft mit 1. 7. 2018 durch ein neues System der Rechtsfürsorge für volljährige Personen ersetzt, das die Autonomie des Vertretenen betont.

Zur Terminologie: Das neue Gesetz spricht von Erwachsenenschutz und Erwachsenenvertretung; die Sachwalterschaft wird zur gerichtlichen Erwachsenenvertretung, die Sachwaltervereine werden zu Erwachsenenschutzvereinen. Wesentliche inhaltliche Neuerungen sind:

  • zeitliche und sachliche Beschränkungen für die Bestellung eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters,
  • die Verpflichtung des Gerichts, im Bestellungsverfahren eine Abklärung ua der Alternativen durch einen Erwachsenenschutzverein durchführen zu lassen (Clearing),
  • sowie der Wegfall der automatischen Beschränkung der Geschäftsfähigkeit durch die Bestellung eines Erwachsenenvertreters.

Das Erwachsenenschutzrecht kennt vier verschiedene Vertretungsformen, die nach dem Autonomieprinzip gereiht sind:

Vorsorgevollmacht

Die Vorsorgevollmacht (§§ 260 ff ABGB) wurde aus dem geltenden Recht übernommen. Folgende Neuerungen sind aber zu beachten:

  • Die Vorsorgevollmacht gilt nicht nur für einzelne Angelegenheiten, sondern kann auch für Arten von Angelegenheiten erteilt werden.
  • Neue Formerfordernisse: Die Vorsorgevollmacht muss nach Belehrung höchstpersönlich und schriftlich vor einem Notar, Rechtsanwalt oder einem Erwachsenenschutzverein errichtet werden.
  • Die Eintragung der Vorsorgevollmacht und des (späteren) Eintritts des Vorsorgefalls im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis (ÖZVV) sind notwendige Voraussetzungen für das Wirksamwerden der Vollmacht. Der Eintritt des Vorsorgefalls (dh der Eintritt der Entscheidungsunfähigkeit in allen oder einzelnen anvertrauten Angelegenheiten) ist vor der Eintragung, die von einem Notar, Rechtsanwalt oder Erwachsenenschutzverein vorgenommen werden kann, mit einem ärztlichen Zeugnis zu bescheinigen. Auch der Wegfall des Vorsorgefalls ist einzutragen. Bis dahin behält die Vollmacht ihre Wirkung.

Gewählte Erwachsenenvertretung

  • Die gewählte Erwachsenenvertretung (§§ 264 ff ABGB) unterscheidet sich von der Vorsorgevollmacht dadurch, dass sie bloß geminderte Entscheidungsfähigkeit voraussetzt und daher auch dann noch infrage kommt, wenn eine Vorsorgevollmacht aufgrund des Fehlens der dafür erforderlichen vollen Entscheidungsfähigkeit nicht mehr erteilt werden kann.
  • Es handelt sich um einen Bevollmächtigungsvertrag, welcher der gleichen Formerfordernisse wie die Vorsorgevollmacht bedarf. Auch die Wirksamkeit der gewählten Erwachsenenvertretung hängt von der Eintragung im ÖZVV ab.
  • Als Vollmachtnehmer kommt jede nahe stehende Person in Betracht, dh nicht nur Angehörige, sondern etwa auch Freunde oder Nachbarn, zu denen ein Vertrauensverhältnis besteht. Die Vollmacht kann sich auf einzelne Angelegenheiten oder Arten von Angelegenheiten beziehen.

Gesetzliche Erwachsenenvertretung

Die gesetzliche Erwachsenenvertretung (§§ 268 ff ABGB) ist die neue Bezeichnung für die Vertretungsbefugnis nächster Angehöriger. Folgende Neuerungen sind zu beachten:

  • Der Kreis der potenziell Vertretungsbefugten wird um Neffen und Nichten erweitert.
  • Einschränkungen des Wirkungsbereichs entfallen.
  • Die Eintragung der gesetzlichen Erwachsenenvertretung im ÖZVV wird zur notwendigen Voraussetzung für ihr Wirksamwerden. Die Eintragung ist von einem Notar, Rechtsanwalt oder Erwachsenenschutzverein vorzunehmen und setzt die Bescheinigung mittels ärztlichen Zeugnisses sowie die persönliche Belehrung des Betroffenen und des Erwachsenenvertreters voraus. Der Betroffene kann der Eintragung jederzeit widersprechen. Die Vertretungsmacht erlischt aber erst mit der Eintragung des Widerspruchs im ÖZVV.
  • Die Wirksamkeit der gesetzlichen Erwachsenenvertretung ist auf drei Jahre beschränkt. Danach muss sie neu im ÖZVV eingetragen werden.

Gerichtliche Erwachsenenvertretung

Die gerichtliche Erwachsenenvertretung (§§ 271 ff ABGB) ersetzt die Sachwalterschaft. Sie soll nur dann eingesetzt werden, wenn dies unumgänglich ist. Folgende Neuerungen sind zu beachten:

  • Die Bestellung eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters darf nur noch für einzelne oder bestimmte Arten von Angelegenheiten erfolgen, die gegenwärtig zu besorgen sind. Sobald eine Angelegenheit erledigt ist, ist die Erwachsenenvertretung einzuschränken, sobald alle erledigt sind, ist sie zu beenden, wobei die Erwachsenenvertretung jederzeit um neue Angelegenheiten erweitert werden kann.
  • Die gerichtliche Erwachsenenvertretung erlischt automatisch drei Jahre nach der erstinstanzlichen Beschlussfassung, sofern vor Ablauf dieses Zeitraums kein Erneuerungsbeschluss gefasst wird.
  • In der Erwachsenenvertreter-Verfügung, die die Sachwalterverfügung ersetzt, kann der/die Betroffene Personen bezeichnen, die er als Erwachsenenvertreter wünscht oder ablehnt. Die Verfügung erfordert nur geminderte Entscheidungsfähigkeit, muss aber zur Wirksamkeit schriftlich vor einem Notar, Rechtsanwalt oder Erwachsenenschutzverein errichtet und im ÖZVV eingetragen werden. Die gewählte Person ist vom Gericht vorrangig zu bestellen.
  • Das Verfahren über die Bestellung, Änderung und Kontrolle wird umgestaltet und in Erwachsenenschutzverfahren umbenannt. Neu ist ua ein obligatorisches Clearing durch einen Erwachsenenschutzverein, mit dem insb alternative Möglichkeiten abgeklärt werden sollen.

 

Für Rückfragen: Mag. Elisabeth Kiesenhofer

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