Immer mehr getrennt lebende Eltern kümmern sich gemeinsam um ihre Kinder bzw. übernehmen häufig die Betreuung (annähernd) je zur Hälfte. Welche Auswirkungen hat das auf den Kindesunterhalt?

Mit dem „üblichen Kontaktrecht“, also alle 14 Tage ein Wochenende, geben sich viele formal nicht für die hauptsächliche Betreuung zuständige Elternteile (in der Praxis noch immer überwiegend der Vater) zu Recht nicht mehr zufrieden. Sie wollen so oft wie möglich die gemeinsamen Kinder betreuen. Dies führt naturgemäß zu unterhaltsrechtlichen Fragestellungen: Muss man bei mehr Betreuung gleich viel an Unterhalt zahlen?

Von der Judikatur wurde für solche Fälle der (mehr oder weniger) gleichteiligen Betreuung der Kinder durch beide der getrennt lebenden Elternteile das sogenannte betreuungsrechtliche Unterhaltsmodell entwickelt.

Grundgedanke ist dabei der Umstand, dass es bei gemeinsamer Betreuung des Kindes keinen unterhaltsrechtlich privilegierten Domizilelternteil mehr gibt, der durch seine Betreuungsleistungen Unterhalt erbringt und daher keine Geldunterhaltsverpflichtung mehr zu tragen hat. Vielmehr leisten beide Elternteile ihren Beitrag durch die Betreuung und Naturalunterhalt (Essen, Kleidung, etc..), sodass kein wechselseitiger Geldunterhaltsanspruch mehr besteht.

Annähernd gleiche Betreuung

Ob die Eltern gleichwertige Betreuungs- und Naturalunterhaltsleistungen erbringen, ist nach dem jeweiligen Einzelfall zu beurteilen. Je älter ein Kind wird, desto mehr werden Elemente wie Gewährung von Unterkunft, Nahrungszubereitung und Wäschewaschen in den Vordergrund treten, wo hingegen Erziehung, Körperpflege, Überwachung der schulischen Leistungen udgl. in den Hintergrund gelangen. Einzelne erbrachte Leistungen wirken sich auch oft in den Folgetagen noch aus (zB Wäsche waschen). Eine annähernd gleichteilige Betreuung liegt nur dann vor, wenn kein Elternteil mindestens 2/3 der Betreuung übernimmt.

Annähernd gleiches Einkommen

Vom besonderen Fall einer völligen Bedarfsdeckung im Wege von Naturalleistungen durch beide Elternteile ist nur dann auszugehen, wenn beiden Elternteilen über ein annähernd gleich hohes Einkommen verfügen. Ist das Einkommen der Eltern in etwa gleich hoch, so besteht bei gleichwertigen Betreuungs- und Naturalunterhaltsleistungen also kein Geldunterhaltsanspruch.

Wann kann man von einem gleich hohen Einkommen ausgehen? Dies ist auch dann gegeben, wenn das Einkommen eines Elternteils das des anderen nicht beträchtlich übersteigt, wobei Unterschiede bis zu einem Drittel hinzunehmen sind.

Unterschiedliches Einkommen

Bei annähernd gleichem Betreuungsausmaß, jedoch wesentlich unterschiedlichen Einkünften der Eltern ist ein Differenzgeldunterhalt zu Lasten des besser verdienenden Elternteils festzusetzen. Bei den maßgeblichen Unterhaltsbedürfnissen ist vom Durchschnittsbedarfssatz des Kindes auszugehen. Bei über- oder unterdurchschnittlichen Lebensverhältnissen sind Zu- oder Abschläge vorzunehmen. Es ist sohin nach dem konkreten Einzelfall zu ermitteln, welcher Elternteil über welche finanziellen Mittel verfügt und sodann bei der Ermittlung des Unterhaltsbedarf des Kindes zu berücksichtigen.

Für Rückfragen: Mag. Katharina Lenze 

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